Hartnäckig blieb Chris an seinem Traum dran: Tätowierer
wollte er werden. Damals schon, nach seiner Ausbildung in Gersthofen als Maler
und Lackierer. Aber nach seinen Anfragen bei bekannten Tattoo-Leuten in
Augsburg und Umgebung schickten ihn die graubärtigen Rockertypen wieder weg:
"Werd erst mal groß, Bubilein!", klopften sie ihm väterlich auf die
Schulter. Tattoos waren zu dieser Zeit noch
nicht so gefragt und die damaligen Meister der Nadelkunst arbeiteten noch in
Garagen, Gartenlauben oder in düsteren Kellern mit einer schaukelnden Glühbirne
an der Decke.
Chris verabschiedete sich nach dieser Enttäuschung aus dem
Augsburger Umland zur Deutsch-Französischen Brigade in Donaueschingen. Eine
schnelle Eingreiftruppe um den Frieden in Europa zu sichern. Hinterher, mit
seiner Abfindung, griff er wieder an. Er legte sich die beste Ausrüstung für
ein eigenes Tattoo-Studio zu. Zeichnen konnte er. Das war schon immer seine
Lieblingsbeschäftigung. Er übte mit der Nadel an der Schweinehaut. Aber das
brachte es nicht so. "Meine Linien sahen da ja aus wie beim EKG",
grinst Chris nachträglich. Sein Humor ist zum Tränenlachen trocken. Die Mama
musste sich als erstes Tattoo-Model für Chris opfern. Und siehe da: die tätowierte
Schwalbe auf dem Bein der Mutter gelang so gut, dass sie wegzufliegen schien. Und
immer mehr Leute flogen auf die Tattoo-Kunst von Chris. "Ich brauch die
absolute Herausforderung, das Problem direkt vor den Augen, dann blühe ich total
auf", erklärt Chris seine Motivation.
Die Anfangszeit als Tätowierer war für Chris nicht immer leicht.
Aber Qualität und Standvermögen siegen. Er kämpfte sich erfolgreich durch zur Augsburger
Tattoo-Spitze. "Meine Kunden sind zu fast neunzig Prozent weiblich",
meint Chris, was wohl auf sein sensibles Händchen hinweist. "Ich mag bunte
Motive wie Pin-ups und Comics", erklärt Chris seine Vorliebe für quietschbunte
Tattoos. Aus seinem T-Shirt grinst zur Bestätigung der grelle Batman-Joker
heraus. Ein Tattoo, am Hals, was sonst? Natürlich ist er auch gern zu diensten,
wenn die Mädels und Jungs heiße Texte oder grimmige Totenköpfe in Black and
Grey auf der Haut tragen wollen, die sie stolz herumzeigen.
Und wo ist unser Tattoo-Chris nun gelandet? In der Südsee? Wegen
der Tiki-Kunst überall in seinem Studio? Nein, hier: Direkt neben der
Augsburger Brauerei Thorbräu. Im Sommer findet neben dem
"Bad-Ass"-Studio mit dem riesigen Tattoo-Motiven auf den Schaufenstern,
im Norden der Augsburger Altstadt das historische Bürgerfest am Wertachbrucker
Tor statt. Kurz zur Historie des Tattoos: Viele Völker des Altertums
verschönerten ihren Körper schon mit mehr oder weniger farbigen Motiven. Auch
Thraker, Maoris, Skythen. Selbst Ötzi hatte welche. Aus religiösen Gründen,
wegen der Stammeszugehörigkeit oder bei rituellen Anlässen wurden Bilder in die
Haut geritzt oder gestochen. Seit einigen Jahren haben die Pop- und Rockstars,
ebenso die Supermodels, das Tattoo zum weltweiten Kult gemacht.
Für die Freunde des klassischen Tattoos finden wir im
"Bad Ass" die blauhaarige Pam Fatale. Die Expertin für Neo-Tradionals
beim Tattoo ist geschmückt mit diversen Piercings. Den bequemen Tattoo-Stuhl
hat sie in ihrem eigenen Raum zwischen urigem Röhrenradio und Beachcruiser an
der Wand aufgebaut, wo sie gekonnt bunte Motive von Anker mit Herz oder Matrose
mit Seemannsliebchen zwischen die Poren sticht.
Empfangen wird man von Chris, der mit seinem Hund Liesel,
hinter der schwarzen Türe in der hohen Theke vor der Goldwand. die Kunden
empfängt, liebt die geschnitzten Tiki-Skulpturen. Sie sind überall in seinem
mehrräumigen Studio präsent. Alles ist im "Bad Ass" gepflegt, sauber,
vertrauenserweckend und sympathisch bunt gestaltet. Naja, der große Posterdämon
von Iron Maiden und die Tatortzeichnung für die Leiche am Boden mit den
Blutflecken machen die Sache bissle spannender. In einem weißen nostalgischen
Medizinschrank aus lackiertem Metall mit Glasfenstern werden die wichtigen
Dinge für die nötige Hygiene bestens aufbewahrt. Und wer will, kann sich beim Tätowieren
lassen sogar einen Film reinziehen.
Von seinen Freunden hat Tatttoo-Chris zu seinem Dreißigsten
Purzeltag im März eine Reise in die Staaten geschenkt bekommen. Nach Miami.
"Logo schau ich mir da die besten Tätowierer an. Das ist ja ein Tattoo-Studio
neben dem anderen", macht sich Vorfreude bei ihm breit.
*** Bad Ass / Tattoo-Studio / Wertachbrucker-Tor-Straße 5 /
86152 Augsburg / 0821-88514790